Interview mit Parfum-Unternehmer Udo Heuser: „Erfolgreiche Menschen riechen anders“
Udo Heuser (57) ist Geschäftsführer der Wiesbadener Nobilis Group, einem der führenden Vertriebe für Luxus- und Nischendüfte in Deutschland
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Holz, Würze, Leder. Laut und nicht leise – so duftet die deutsche Wirtschaft. Der Trend geht weg vom leichten Blümchenduft, hin zu markanten, maskulinen Parfüms mit Haltung. „Erfolgreiche Menschen riechen anders“, sagt Udo Heuser (57), Chef des Wiesbadener Duftunternehmens Nobilis Group. „Die Leute wollen wieder Präsenz. Der Duft ist ihr neuer Maßanzug.“
2019, fünf Monate vor Corona, kaufte Heuser die Firma. Während andere abbauten, stellte er auf Angriff. „Wir haben neue Strategien entwickelt, den Onlinehandel aufgebaut, Preiseinstiegsprodukte ergänzt.“
Heute hat sich der Umsatz vervierfacht: von 76 auf rund 300 Millionen Euro. Die Mitarbeiterzahl hat er verdoppelt. Nobilis (gegründet 1993) ist deutscher Marktführer im Segment der Nischen-Düfte. Marken wie Creed, Amouage und Maison Francis Kurkdjian – all das bringt Heuser in die Parfümerien. „Wir haben einen Marktanteil von 30 Prozent in diesem Segment.“
Die Marke „The House of Creed“ (Sitz: London) wurde 1760 gegründet und belieferte einst europäische Königshäuser. „Aventus“ erschien 2010 zum 250-jährigen Bestehen des Traditionshauses – und wurde zum meistgehypten Herrenduft der Welt. Der Duft (30 ml: 165 Euro) vereint Ananas, Birke und Moschus. Entwickelt wurde er von Olivier Creed (81) und seinem Sohn Erwin (44)
Warum der Parfüm-Boom?
„Düfte sind der neue Luxus, den man sich noch leisten kann“, sagt Heuser. Während Taschen, Reisen und Uhren immer teurer werden, greifen viele lieber zum Flakon.
Der Trend begann in der Pandemie. „Die Leute saßen zu Hause und wollten trotzdem gut riechen“, sagt Heuser. Über Social Media wurde das Thema groß. TikTok, Instagram – dort wachsen neue Marken, nicht mehr in der TV-Werbung.
Wie riecht Erfolg?
Laut Heuser wählen viele ihren Duft wie die Kleidung: nach Stimmung, Anlass oder Ziel. „Ich überlege mir morgens: Was passt heute?“ Wer im Job überzeugen will, sollte nicht zu laut riechen, sondern angenehm und dezent auftreten. Wer hingegen auffallen will, sollte in Qualität investieren. „Ein guter Duft kann ein Statussymbol sein und bleibt im Gedächtnis“, sagt Heuser.
Wie man richtig sprüht? Heuser kennt die häufigsten Fehler beim Auftragen: „Nie reiben! Das zerstört die Duftmoleküle.“ Weiterer Rat: „Aus etwa 40 Zentimetern Entfernung auf Haare und Kleidung sprühen. Das sind die besten Duftträger überhaupt.“ Ebenfalls wichtig: Düfte dunkel lagern, im Schrank oder sogar im Weinkühlschrank. „Im Rotweinfach, nicht im weißen“, sagt Heuser.
Was ihm stinkt?
Duftfälscher im Netz, Bürokratie, EU-Regulierung, Steuererhöhungen – und der Gedanke, Deutschland womöglich verlassen zu müssen. „Mehr als zehn Prozent des Marktes sind mittlerweile Fälschungen“, sagt Heuser. „Wir führen rund 100 Verfahren gegen Plagiateure.“ Die Kopien riechen vielleicht kurz ähnlich – und verpuffen dann.
„Baccarat Rouge 540“ von Maison Francis Kurkdjian (MFK) entstand 2015 zum 250. Jubiläum der Kristallmanufaktur Baccarat. Der Kultduft (35 ml: 220 Euro) kombiniert Safran, Amber und Zedernholz. Kreiert wurde er von Francis Kurkdjian (55), einem der bedeutendsten Parfümeure unserer Zeit und heutiger Kreativdirektor bei Dior Parfums
„Red Temptation“ von der spanischen Modekette Zara wird von Fans als Duftkopie von Baccarat Rouge 540 gefeiert. Kosten für 80 ml: 22,95 Euro
Auch Vorschriften aus Brüssel machen Heuser zu schaffen. Beispiel: der Inhaltsstoff Lilial – ein synthetisches Maiglöckchen. In der EU verboten, weltweit erlaubt. „Millionen Produkte mussten vernichtet werden, obwohl sie vollkommen funktionstüchtig waren“, sagt er. „In Deutschland wurde das besonders strikt umgesetzt, ohne lange Übergangsfrist und das direkt während Corona.“
Dazu kommt die Steuerlast. Besonders ärgerlich für Heuser: die plötzliche Erhöhung des Gewerbesteuer-Hebesatzes in Wiesbaden. „Das sind 60.000 Euro mehr – das ist bei uns ein Arbeitsplatz.“ Sollte sich die Lage nicht bessern, schließt Heuser eine Verlagerung für Teile seines Unternehmens nicht aus: „Dann müssen wir uns ernsthaft Gedanken machen.“
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