Protest gegen Gianni Infantino
Nach der Kaffeepause kehrten sie nicht in den Saal zurück: Europäische Delegierte um DFB-Chef Bernd Neuendorf und Uefa-Präsident Aleksander Čeferin protestierten gegen die Nahostreise von FIFA-Chef Gianni Infantino.
Europäische Delegierte haben den Fifa-Kongress in der paraguayischen Hauptstadt Asunción kollektiv verlassen. Nach einer Kaffeepause kehrten die Funktionäre um DFB-Chef Bernd Neuendorf und Uefa-Präsident Aleksander Čeferin nicht auf die für sie reservierten Plätze zurück. Es ist eine protokollarisch bislang einzigartige Protestaktion.
Dem Vernehmen nach handelt es sich dabei um eine koordinierte Aktion: Die Europäer protestieren damit gegen das Verhalten von FIFA -Chef Gianni Infantino. Dieser war nach seiner ohnehin schon massiv umstrittenen Nahostreise mit US-Präsident Donald Trump mit mehreren Stunden Verspätung in Asunción angekommen.
Nach einem morgendlichen Zwischenstopp in Nigeria war der Learjet aus Katar kommend mit Infantino an Bord noch in der Luft, als das Treffen um 9.30 Uhr Ortszeit hätte beginnen sollen. Zunächst war der Countdown auf der FIFA-Homepage bis zum Kongress-Beginn um eine Stunde verlängert worden, dann tickte die Uhr drei Stunden länger herunter.
Der 75. FIFA-Kongress begann schließlich mehr als drei Stunden später als geplant. Infantino entschuldigte sich und beteuerte, es habe »Probleme« mit seinem Flugzeug gegeben. Doch viele Delegierte waren sowieso schon verärgert, dass Infantino nicht bereits im Vorfeld angereist war, um wie sonst üblich Veranstaltungen vor dem Kongress zu besuchen.
Die Nähe von Infantino und Trump
Auch dies versuchte Infantino zu erklären: »Als FIFA-Präsident ist es meine Verantwortung, Entscheidungen im Interesse der Organisation zu treffen«, sagte er. »Ich hatte das Gefühl, dass ich dort sein muss, um den Fußball und Sie alle zu vertreten.« Er hatte Trump auf dessen Reise nach Saudi-Arabien und Katar begleitet.
Die Nähe von Infantino zu Trump hat schon mehrfach Anlass zu Diskussionen gegeben. Der FIFA-Boss ist regelmäßiger Gast im Weißen Haus, seit Trump dort das Sagen hat. Trump und Infantino hatten sich zuletzt anlässlich der Vorbereitungen auf die WM 2026 in den USA, Mexiko und Kanada mehrfach getroffen.
Die Kongress-Show ging dann allerdings auch wie gewohnt mit viel Applaus über die Bühne. Die fehlenden Europäer auf der Bühne wurden nicht erwähnt. Infantino versprach allen Fans eine sichere und problemfreie WM in Amerika – Sorgen vor der rigiden Trump-Politik müsse niemand haben. Zuvor hatte Human Rights Watch »ernste Bedenken« über die WM geäußert.
Finanziell verkündet der Weltverband Rekorde. 13 Milliarden Dollar Einnahmen für den Zyklus 2023 bis 2026 sind eine Verdopplung zum vorangegangenen Turnus (6,5 Milliarden Dollar zwischen 2019 und 2022). Was spielte da eine Verspätung von ein paar Stunden noch für eine Rolle? Europas Fußballfunktionäre werden Infantino sicherlich noch zur Rede stellen.